Liebe Leserinnen und Leser,

Zunächst nutze ich die Gelegenheit dieses allerersten e-Newsletters des Jahres, um Ihnen allen ein gesundes und glückliches Jahr 2016 zu wünschen.

Wie immer wird es ein Jahr voller spannender Veranstaltungen sein, auf die wir uns alle sehr freuen! Die diesjährige FCI Welthundeausstellung findet in Moskau statt, und die verschiedenen FCI-Sektionsausstellungen werden in Brüssel (FCI-Sektionsausstellung Europa), Bogota (FCI-Sektionsausstellung Nord- und Südamerika sowie Karibik) und Jakarta (FCI-Sektionsausstellung Asien und Pazifik) ausgetragen.

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Yves De Clercq
FCI-Exekutivdirektor
Interview mit Pierre Sultana, Leiter, FOUR PAWS/VIER PFOTEN

VIER PFOTEN stellt sich vor

VIER PFOTEN setzt sich für eine Welt ein, in der Menschen Tiere mit Respekt, Empathie und Verständnis behandeln. Unsere Aufgabe ist es, den Tieren unter menschlicher Kontrolle eine starke, weltweite und unabhängige Stimme zu verleihen indem wir

  • nachhaltige Lösungen für Tiere in Not schaffen
  • Herzen berühren und das Verbraucherverhalten ändern
  • Gesetzesänderungen vorantreiben
  • starke Partnerschaften aufbauen.

VIER PFOTEN ist eine international tätige Tierschutzorganisation mit Niederlassungen in Österreich, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Ungarn, den Niederlanden, Rumänien, der Schweiz, Südafrika, Großbritannien, den USA und seit kurzem auch in Australien.

Guten Tag Pierre,
2013 haben wir Marlene Wartenberg interviewt, die vor Ihnen FOUR PAWS Brüssel leitete (http://newsletter14.dogdotcom.be/fr/4paws.aspx).
Herzlich willkommen in Ihrer neuen Funktion! Sagen Sie, was ist das Besondere am VIER PFOTEN European Policy Office in Brüssel im Vergleich zu den anderen Büros in den anderen Ländern bzw. auf anderen Kontinenten?

Bonjour Marie et merci de me donner l’opportunité de présenter un peu plus le travail de l’organisation pour laquelle je travaille et plus particulièrement de notre bureau des affaires européennes. Merci aussi pour vos bons vœux !

Guten Tag Marie. Ich bin dankbar für diese Gelegenheit, die Arbeit unserer Organisation und unserer Büros für europäische Angelegenheiten vorzustellen. Und auch danke für die Glückwünsche!
VIER PFOTEN ist eine internationale Organisation, die das Wohlergehen von Tieren verfolgt, in dem sie konkrete Lösungen für Tiere bietet. Unsere Arbeit gliedert sich in Kampagnen und Projekte. Mit den Kampagnen möchten wir einen Mentalitätswandel und Veränderungen in den Bräuchen und in der Gesetzgebung herbeiführen. Die Projekte bezwecken zweierlei: Erstens sollen sie zeigen, dass sich zu jedem Problem eine nachhaltige Lösung finden lässt. Zweitens sollen sie eine Lösung aufzeigen, die Gesetzesänderungen oder einen Mentalitätswechsel in einem Land oder einer Reihe von Ländern mit sich bringt. Kampagnen und Projekte gehen also Hand in Hand. Im Kampf gegen die Massaker an Streunerhunden in einigen Ländern und zur Prävention von Krankheiten führen wir beispielsweise massive Kampagnen, um die Hunde einzufangen, zu impfen, zu sterilisieren und anschließend in ihrem ursprünglichen Lebensraum wieder freizulassen. Nach Expertenansicht ist dies die einzige nachhaltige Lösung, mit denen die Population der streunenden Hunde in Schach gehalten werden kann, unter der Bedingung, dass gleichzeitig eine bessere Aufklärung der Hundebesitzer und eine Anpassung der Zucht an die Nachfrage und die Aufnahmekapazität der Haushalte erreicht werden. Und nachdem wir das Verbot gewisser Praktiken mit Bären – z.B. Tanzbären oder den Einsatz von Bären zum Abrichten von Hunden – und das Schließen von nicht standardkonformen Zoos durchsetzen konnten, haben wir die Bären in unseren Zufluchtsstätten aufgenommen, damit sie ihren Lebensabend weitab von den Qualen ihres bisherigen Lebens zubringen können. Unsere nationalen Niederlassungen bemühen sich alle um das Wohlergehen von Tieren, indem sie Kampagnen vorantreiben und nachhaltige Lösungen für die Tiere bieten.
Wie die anderen Büros von VIER PFOTEN ist auch das European Policy Office hauptsächlich in den Bereichen Wild-, Heim- und Nutztieren tätig. Von den Kollegen unterscheidet uns aber, dass wir nicht in einem bestimmten Land arbeiten, sondern flächendeckend in der gesamten EU. Außerdem sind wir Experten für den europäischen Entscheidungsfindungsprozess. Aus diesem Grund befindet sich unser Büro in Brüssel, dem Sitz der europäischen Institutionen. Wir agieren also hauptsächlich als Interessensvertretung, damit das Wohlergehen der Tiere in den EU-Politiken stärker berücksichtigt wird. Wir sind Politik- und Rechtsexperten. Unsere Projekte, das Europäische Netzwerk der Juristen für Tierschutz („European Enforcement Network of animal welfare lawyers and commissioners“ (http://lawyersforanimalprotection.eu/) und unsere Plattformen für die verantwortungsbewusste Tierhaltung von Hunden (http://www.carodog.eu/) und Katzen (http://carocat.eu/) spiegeln unsere rechtlich-politische Aufstellung wieder.


Wie lauten die aktuellen Prioritäten von VIER PFOTEN?

Die Prioritäten von VIER PFOTEN beschränken sich nicht nur auf Heimtiere. Einer unserer Schwerpunkte ist zum Beispiel die Abschaffung der Zucht von Löwen für die Jagd in einem abgezäunten Gebiet (http://www.realtrophy.org/. Im Jahr 2016 konzentriert sich unser Engagement auch auf Bären, insbesondere Bären in Käfighaltung aus Asien, wo man ihre Gallenflüssigkeit für die traditionelle Medizin gewinnt; und auf den Lebendrupf von Gänsen und Enten für die Daunenindustrie.

Im Bereich der Heimtiere werden wir uns auf den Online-Verkauf von Tieren – v.a. Hunden – konzentrieren. Rassewelpen wie zum Beispiel Französische Bulldoggen werden in Osteuropa in großem Umfang „produziert“ und nach Westeuropa geschickt, wo sie per Inserat über das Internet ungeimpft verkauft werden (einige vermeintlich mit FCI-Papieren). Diese Welpen werden dann sehr schnell unter dem Marktpreis verkauft. Die Bedingungen unter denen sie zur Welt kommen und die langen, beschwerlichen Transporte, die sie über sich ergehen lassen müssen bevor sie verkauft werden, führen oft zu Krankheiten; Infektionskrankheiten wie dem Parvovirus oder genetischen Krankheiten. Aufgrund der mangelnden Sozialisierung kann es zu Verhaltensstörungen kommen, was später tierärztliche Behandlungen oder Verhaltenstherapien notwendig machen kann. Wir stehen daher in Kontakt mit den Plattformen und drängen sie dazu, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Risiken einzuführen, die den verantwortungsvollen Kauf und Verkauf von Tieren erleichtern.
Zwischen einem Hund und seinem zukünftigen Besitzer muss vom ersten Augenblick an ein Bezug entstehen; aber ein solcher ist leider auf Distanz nicht möglich. Hier bietet sich uns auch die Möglichkeit, skrupellose Verkäufer vom Markt auszuschließen, die sonst die guten Züchter schädigen. Der zweite Schwerpunkt liegt auf den Handelsrouten der Heimtiere: wie diese die EU-Binnengrenzen überqueren, wobei die europäischen Märkte mit billigen, oft kranken Welpen überflutet werden, die genetische Defekte oder ernsthafte Verhaltensstörungen aufweisen. Dieses Engagement ist Teil unseres Kampfs für eine bessere Rückverfolgbarkeit der Haustiere, d.h. ihre Identifizierung und Registrierung, im Rahmen unserer Expertengruppe zur „Traceability“ von Hunden (http://www.carodog.eu/canine-traceability-expert-workshops/).


Welche Veranstaltungen organisieren Sie dieses Jahr zur Förderung der Hundewelt?

Den VIER PFOTEN-Veranstaltungskalender finden Sie auf www.vier-pfoten.eu.


Wo sehen Sie Gemeinsamkeiten zwischen der FCI und VIER PFOTEN? Sind neue Anliegen aufgetaucht?

Am stärksten verbindet uns, die FCI und VIER PFOTEN, ohne Zweifel unsere Leidenschaft und Liebe für Hunde. Wir wünschen uns glückliche Hunde, denn glückliche Hunde bedeuten auch glückliche Besitzer. Es bringt wirklich niemandem etwas, wenn sich in Europa kranke Hunde verbreiten, und den Leuten die Freude am Hund verleiden.
Es ist daher unser beider Pflicht, Marktteilnehmer auszuschließen, die sich nicht an die Grundätze Gesundheit, Wohlergehen und Sozialisierung der Zuchttiere halten, damit letzten Endes nur verantwortungsbewusste Züchter und Käufer sich um die Hunde und die Welt der Hunde kümmern.


Was sind die größten Gefahren/ Chancen für Hunde in unserer heutigen Gesellschaft?

Lassen Sie mich mit den Gefahren beginnen… Zweifelsohne, dass bestimmte Personen Hunden nur einen reinen Marktwert zuweisen. Natürlich ist die Zucht ein Beruf, und wie in jedem Beruf geht es dabei auch um Handel, um Geld. Was jedoch nicht normal ist, ist dass einige Leute den Profit vor das Wohlergehen und die Gesundheit der Tiere stellen, die sie züchten.
In mehr und mehr Ländern wird den Tieren rechtlich ein besonderer Wert zugesprochen. In Art. 13 des Vertrags von Lissabon über die Arbeitsweise der Europäischen Union werden Tiere beispielsweise als „fühlende Wesen“ bezeichnet, allein dadurch unterscheiden sie sich bereits von Dingen. Leider sieht die Realität oft anders aus. Skrupellose Züchter möchten sie um jeden Preis züchten, ohne sich um das Wohlergehen und die Gesundheit der Welpen und ihrer Eltern zu kümmern. Das Züchten solcher Billigwelpen führt nicht selten zu kranken Tieren oder solchen, die später ausgesetzt werden, weil sich herausstellt, dass sie zu sozialer Bindung unfähig oder verhaltensgestört sind. Die größte Bedrohung ist also wie so oft eine Bedrohung durch den Menschen. Verantwortungslosigkeit, Unaufgeklärtheit der Käufer, Spontankäufe…

Für Hunde ist es sicher am besten, wenn sie an einen verantwortungsvollen Besitzer gelangen. Aber der erste Schritt dahin ist sicherlich, dass der Besitzer überhaupt identifiziert ist. Missbräuche von Hunden sind viel zu häufig, angefangen bei der Zahl ausgesetzter Hunde. Um dagegen etwas zu unternehmen benötigen wir ein gemeinsames Identifizierungs- und Registrierungssystem in Europa. Die derzeit existierenden Systeme weisen zu viele Lücken auf und können nicht einwandfrei funktionieren. Das ist eines der Hauptziele unserer Seite CAROdog.


Vor einigen Jahren hat VIER PFOTEN ein Projekt auf die Beine gestellt, das Hunde in Therapiepläne miteinbezieht, z.B. zu Besuchen in Altenheimen und Krankenhäusern, aber auch bei Schülern, um diese an Hunde heranzuführen. Wie steht es damit?

Das Projekt, das 2004 in Rumänien gestartet wurde, ist großartig – es könnte nicht besser laufen. Wir helfen einer kontinuierlich wachsenden Anzahl Kranker oder auf andere Weise beeinträchtigter Menschen.
Außerdem haben wir am 28. Januar in Bukarest unser Zentrum für tiergestützte Therapie eröffnet, das hat dem Projekt noch mehr Aufwind verliehen. Dadurch helfen wir bis zu 50 Kindern mit behinderungsbedingten Beeinträchtigungen oder Lernschwierigkeiten durch ehemalige Streunerhunde, die zu Therapiehunden ausgebildet wurden. Dabei bauen sie z.B. ihr Selbstbewusstsein auf, indem sie lernen den Hund zu füttern und zu belohnen. Und das völlig kostenlos für die kleinen Patienten, denn das Therapiezentrum ist zu hundert Prozent spendenfinanziert.

Eine echte Win-Win-Situation für Mensch und Hund. Und in einem Land, in dem sie nicht so respektiert werden wie sie es verdient hätten und in dem ihr Leben oft sehr hart ist, stellen die Streuner unter Beweis, welch wertvollen Beitrag sie in der Gesellschaft leisten können. Es ist das erste Hundetherapiezentrum seiner Art in Rumänien.


Im Dezember 2015 trafen sich VIER PFOTEN und die FCI in Thuin.

Noch einmal danke für diese Einladung! Es war wirklich eine Ehre sie und die Herrn De Santiago (Anm. d. Red. Präsident der FCI) und Herrn De Clercq (Anm. d. Red. Exekutivdirektor der FCI). zu treffen. Für VIER PFOTEN war es der erste Austausch der beiden Organisationen auf dieser Ebene, denn mit dabei war auch unsere Leiterin des Heimtier-Teams.
Für uns bot sich die Gelegenheit, die Funktionsweise der FCI besser kennenzulernen, und gleichzeitig unsere eigene Arbeitsweise und Tätigkeiten vorzustellen. Darüber hinaus haben wir gemeinsame Arbeitsfelder identifizieren können. Zum Beispiel mit Bezug auf die Identifizierung und Registrierung der Hunde. Wir haben auch beschlossen, gemeinsam an der Definition des „Züchters“ zu arbeiten und andere Bereiche auszuloten, in denen wir in Zukunft zusammenarbeiten könnten.


Vielen Dank für dieses Interview, Pierre. Wir wünschen VIER PFOTEN viel Erfolg bei seinen Projekten!

Vielen Dank, Marie!


Das Gespräch führte Marie Luna Durán, FCI Marketing und Public Relations Manager